Guter Ton am Telefon
Das Telefon ist der wichtigste Kommunikationskanal einer Ordination. Professionelles Telefonmanagement bindet Patienten und spart Zeit.

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Fernmündliche Gespräche müssen ohne Mimik und Gestik auskommen und trotzdem sollte alles, was eine Arztpraxis sein will, auch hörbar werden. Denn Telefonate sind die akustische Visitenkarte einer Arztpraxis. Sie transportieren weitaus mehr als nur Informationen. Aus dem Gespräch ziehen Anrufer neben Sprechstundeninfos und Terminvereinbarungen auch Rückschlüsse, ob ihnen die Ordination und dessen Team sympathisch sind. Und es gibt weitere Gründe, warum dem Telefonat in der Ordination Struktur verliehen werden soll: Nicht immer können die Wünsche der anrufenden Patienten erfüllt werden – und dies ist professionell und eindeutig zu kommunizieren. Ein geordnetes Telefonmanagement ist daher wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Praxisführung. Ein gut aufgebautes Gespräch erspart Zeit und hinterlässt keine verärgerten Patienten. Der deutsche Ärzte-Coach Dieter Karweina, Autor eines Buches zum Thema Telefonkompetenz in der Ordination, verspricht „Zeiteinsparungen bis zu 60 Minuten pro Tag, wenn das Praxisteam eine Vorgabe für professionelles Telefonieren entwickelt.“
Einstieg ins Telefonat vereinheitlichen
Auch wenn man Anrufer nicht zu lange warten lassen sollte: Es wirkt unprofessionell, sofort nach dem ersten Klingeln zum Hörer zu greifen. Experten halten es für ideal, vor dem Abheben zwei oder drei Rufzeichen verstreichen zu lassen – dann sollte man allerdings auch rangehen. Die ersten 15 bis 20 Sekunden entscheiden darüber, wie das Gespräch weiter verläuft und wie die beiden Gesprächspartner sich dabei fühlen. Das gleiche gilt für eine fixe Begrüßungsformel, beispielsweise: „Guten Tag, Praxis Dr. Mustermann, Sie sprechen mit Frau Holzinger, was kann ich für Sie tun?“ Jeder im Team sollte sich auf diese Weise melden. So entsteht schon bei der Begrüßung eine gewisse Verbindlichkeit und neue Mitarbeiter müssen sich keine eigene Begrüßung ausdenken. Das schafft Wiedererkennung. In der Regel braucht ein Patient etwa eine Minute, höchstens anderthalb, um sein Anliegen vorzutragen. Geben Sie ihm diese Zeit. Damit die Einleitung nicht zum genuschelten Mantra wird, ist von Zeit zu Zeit eine Neuformulierung des G’satzerls angebracht.
Persönliche Anrede
Das bessere Telefonat vermeidet Negativfloskeln. Sprüche wie „Bitte warten“ und „Leider ist der Arzt besetzt“ sind wirklich aus der Zeit. Auch unkonkrete Entschuldigungen wie „es tut mir leid“ sollen so weit wie möglich unterbleiben. Das positive Argument zählt. Besser sind Formulierungen wie „Guten Tag, Frau X, der Arzt, ist gerade mit einer Patientin beschäftigt. Kann ich Ihnen helfen?“ Die persönliche Anrede mit dem Familiennamen gibt jeder noch so kurzen Konversation eine persönliche Note. Achten Sie darauf, im Ton freundlich und engagiert zu sein, damit der Patient sich willkommen fühlt. Auch wichtig: Klären Sie die Prioritäten des Anrufers und finden Sie heraus, ob er bereits eine Lösung für sein Problem vorschlägt.
Doppelbelastung
Wenn sich am Empfang die Patienten stauen und das Telefon nicht stillsteht, braucht es eine Taktik: Die Ordinationsassistentin unterbricht kurz das Gespräch und nimmt den Anruf an. Sie bittet den Telefonpartner gleich bei der Begrüßung um etwas Geduld und setzt das Gespräch am Empfang zügig fort. Dieses Vorgehen signalisiert dem Anrufer, dass er wahrgenommen wurde und die Mitarbeiterin kann das Gespräch am Empfang ohne lästiges Hintergrundklingeln zu Ende bringen.
Kein „Hättiwari“
Neben der persönlichen Anrede gilt die Vermeidung des Konjunktivs als zweite goldene Regel. Formulierungen wie „nächster Termin wäre ...“ sind unnötig und eine rein österreichische Erscheinung. Ein Bundesdeutscher spricht ohne Möglichkeitsform. Dies ist für heimische Ohren der Grund, warum unsere Nachbarn immer als zielgerichtet gelten. Weiteres wichtiges Kriterium ist die Beibehaltung der aktiven Gesprächsführung. Dies gelingt in erster Linie durch die Verwendung geschlossener Fragen, die nur mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Terminvereinbarungen müssen das Ergebnis von Vorschlägen der Arzthelferin sein. Dem Patienten bleibt nur der Eindruck, die Wahl selbst getroffen zu haben. Offene Fragen werden nur dann eingesetzt, wenn eine breitere Information gefragt ist. So ist für dringende Fälle ein Fragenkatalog nach dem Krankheitsbild oder nach den Unfallfolgen gemeinsam mit Chefin oder Chef auszuarbeiten. Die Ordinationsassistentin muss mittels der Antworten entscheiden können, ob das Gespräch sofort zum Arzt durchgestellt werden muss oder ob die Aufforderung zum Ordinationsbesuch ausreicht.
Die Problemanrufer
Problempatienten, die als solche bekannt sind und stets nach dem Arzt verlangen, werden mit einer Zusicherung eines Rückrufes abgewimmelt. Sofern der Arzt dies nicht möchte, meldet sich auf alle Fälle seine Arzthelferin einen Tag später mit einer Erklärung. Es wäre falsch, gar nicht zu reagieren. Telefonisch geschulte Finanzberater und Pharmavertreter werden grundsätzlich um Namen und Nummer gebeten und auf Rückrufe vertröstet. Der Arzt behält an diesen Nebenfronten die Entscheidungsfreiheit.
Teleordination im Aufwind
Tabus pflegen in Krisen zu zerbröseln. Jahrzehntelang definierte das Unmittelbarkeitsgebot des Ärztegesetzes die Verbotszone für jede fernmündliche Behandlung. Die Zwänge der Pandemie haben jetzt einen Prozess zum Abschluss gebracht, der Mitte der Nuller-Jahre eingesetzt hatte. 2019 als Pilotprojekte, mit 1. Jänner 2022 für alle kurativen Fachgruppen eingeführt: Konsultations- und Gesprächspositionen können seither zu den allgemeinen Bedingungen der jeweiligen Honorarordnung weiterhin per Telefon oder Video angeboten und abgerechnet werden (dies gilt nicht für E-Mail-Anfragen). Damit wird es für alle Ordinationen sinnvoll, über spezielle Telefonsprechstunden nachzudenken. Diese moderne Form des Dialogs kann gut genutzt werden, etwa bei Rückfragen wegen Medikamentenunverträglichkeit oder zur Besprechung von Laborbefunden und anderen leichteren Krankheitsfällen. Stammpatienten, deren Krankheitsgeschichte dem Arzt oder der Ärztin bekannt sind, sind dafür die erste Zielgruppe. Für die Telefonsprechstunde sollten dabei wie sonst auch Termine vergeben werden. Die Mitarbeiter am Empfang schaffen die notwendigen administrativen Voraussetzungen. Bei neuen Patienten am Empfang sollten grundsätzlich das Einverständnis abgefragt und in der Praxisverwaltungssoftware dokumentiert werden: Dazu gehört auch das Einverständnis zu Recall-Aktionen der Praxis (Termin-Erinnerungen). Und übrigens: Seit 1. Juni 2022 dürfen nur Personen, die als COVID-19-Verdachtsfälle gelten und Krankheitssymptome aufweisen, auf Basis einer telemedizinischen Begutachtung arbeitsunfähig gemeldet werden. Ansonsten wurde der Krankenstand per Telefon wieder aufgehoben.
Akzeptanz der Telemedizin im Alltag von ÄrztInnen in Österreich im Jahr 2020

© Statista 2022
Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1292748/umfrage/akzeptanz-der-telemedizin-im-alltag-von-aerztinnen-in-oesterreich/. Weitere Informationen: Österreich; Donau-Universität Krems; Österreichische Ärztekammer; 28. April bis 02. Juni 2022; 606 niedergelassene ÄrztInnen.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2020 in Österreich befürworteten 38 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte grundsätzlich die Telemedizin und ebenso eine aktive telemedizinische Beteiligung. Hingegen standen 23 Prozent der Befragten der Telemedizin skeptisch gegenüber.