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Lust am Job

Teamspirit ist für Ordinationen ein zentraler Faktor. Ein US-Psychologe formulierte in den 1950er-Jahren einige Tipps, wie die Motivation der Mitarbeiter nachhaltig befeuert werden kann. Die Regeln gelten noch heute. 

© Springer Wien

Niedergelassene Mediziner werden von ihren Patienten immer stärker nach den Maßstäben eines Dienstleisters beurteilt: Neben der (als selbstverständlich vorausgesetzten) fachlichen Kompetenz des Arztes und der Ärztin werden angenehme Atmosphäre sowie Servicebereitschaft der Praxismitarbeiter erwartet. Das Verhalten des Teams prägt grundlegend den Eindruck, den der Patient mit nach Hause nimmt. Um den Anforderungen gerecht zu werden, benötigt der niedergelassene Mediziner daher nicht nur ein qualifiziertes, sondern auch ein motiviertes Mitarbeiterteam. Muffige Angestellte sind der Sargnagel jeden Bemühens um eine gepflegte Atmosphäre.

Die Einflussfaktoren

Die Motivation der Mitarbeiter ist kein Selbstläufer. Es ist Aufgabe von Chef und Chefin, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Und es müssen die richtigen Reize gesetzt werden. Die Frage, wie Mitarbeiter dauerhaft motiviert werden können, ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Der amerikanische Psychologe Frederick Herzberg näherte sich 1959 in der wohl bekanntesten Studie zum Thema von ungewohnter Seite: Er suchte in der 2-Faktoren-Theorie nach den Bedingungen, die zu „extremer Unzufriedenheit am Arbeitsplatz“ führten. Dabei fand er heraus, dass es eine Reihe von vermeintlichen Motivations-Faktoren gibt, die in der Wahrnehmung der Mitarbeiter verpuffen. Falls die Bemühungen als solche erkannt werden, werden sie nicht selten als selbstverständlich eingestuft. Wenn diese Vergünstigungen oder Faktoren jedoch wegfallen oder fehlen, sinkt die Motivation sofort. Herzberg nannte diese Bedingungen „Hygienefaktoren“, die vorhanden sein müssen, damit keine Unzufriedenheit entsteht. Ihr Vorhandensein bewirkt keinen Begeisterungsschub, sondern verhindert nur die Demotivation. Deswegen gelten fehlende Hygienefaktoren als die Verursacher von Unzufriedenheit:

  • Die „interne Organisation“ muss stimmen. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter genau wissen müssen, wofür sie zuständig und wem sie (bei mehreren Vorgesetzten, beispielsweise die mitarbeitende Arzt-Ehefrau) genau verantwortlich sind.

  • Vertrauen gilt als wesenlichter Hygienefaktor. Wenn Mitarbeiter sich überwacht und ständig kontrolliert fühlen, reagieren sie mit Passivität und Resignation.

  • Die Arbeitsbedingungen wie Bezahlung, Arbeitszeiten oder Arbeitsmittel müssen zumindest im Schnitt liegen.

  • Die Sicherheit des Arbeitsplatzes darf nicht in Frage stehen. Hat der Chef in der Vergangenheit eine „Hire and Fire“-Mentalität an den Tag gelegt, wird ihm nicht mehr vertraut.

  • Liegen diese Hygienefaktoren vor, brechen die Mitarbeiter noch nicht in Begeisterung aus. Sie empfinden den Arbeitstag jetzt als normal.

Dauerhafte Motivatoren

Herzberg suchte ebenso nach den Faktoren, die die Mitarbeiter in Schwung hielten. Er findet sie in den „dauerhaften Motivatoren“, der zweiten Komponenten seiner 2-Faktoren-Theorie. Welche Anreize führen zu „extremer Zufriedenheit“?

  • An erster Stelle steht der „Leistungserfolg“. Die Mitarbeiterin erlebt, wie getane Arbeit Früchte trägt, seien dies ein funktionierendes Bestellsystem, verkürzte Besuchszeiten pro Patient oder eine neuorganisierte Hausapotheke.
  • Lob und Anerkennung durch den Boss sind die logische Folge. Wer nur kritisiert, erntet Unzufriedenheit und schlechte Arbeitsqualität.
  • Der Arbeitsinhalt muss Spaß machen. Der Arzt muss seine Mitarbeiterinnen gemäß ihren Fähigkeiten einsetzen. Es ist besser, die junge Kraft an den PC zu lassen und die altbewährte Teamleiterin wie gehabt Empfang und Patientenorganisation machen zu lassen.
  • Mitarbeiter benötigen klar bestimmte Aufgaben mit der dazugehörigen Verantwortung. In größeren Praxen ist es ratsam, auf Arbeitsplatzbeschreibungen zurückzugreifen und Kompetenzschwierigkeiten so zu unterbinden. Wenn Zuständigkeit nicht explizit zugewiesen wird, fühlt sich im Endeffekt niemand verantwortlich. Falls Aufgabenbereiche durch Arbeitsplatzbeschreibungen klar umrissen sind, können Jobrotationen in bestimmten Rhythmen aufkeimende Leerläufe unterbinden.
  • Mitarbeiter wollen sich weiterentwickeln. Deswegen werden Angebote zur Fortbildung meist freudig aufgenommen. In größeren Teams sollte es auch die Möglichkeit zum beruflichen Aufstieg geben. Diätberaterin, Leiterin von Patientengruppen oder Teamchefin sollen für alle Mitarbeiter erstrebenswerte und erreichbare Ziele sein.

Herzbergs Arbeiten unterstreichen, dass zufriedene Mitarbeiter tendenziell produktiver, kreativer und engagierter sind als indifferente Kollegen.  Auch die Arbeitgeber profitieren: Studien im Gefolge von Herzbergs 2-Faktoren-Theorie unterstreichen, dass durch die Schaffung eines positiven Arbeitsplatzes für Mitarbeiter, auch die Arbeitszufriedenheit der Vorgesetzten zunimmt.

Faktor Geld

Pekuniäre Lockmittel liegen interessanterweise unter den Motivatoren im hinteren Feld. Wenn die Bezahlung überproportional gut ist, stellt sich beim Mitarbeiter rasch ein Gewöhnungseffekt ein. Jedermann freut sich über mehr Bares, allerdings nur für kurze Zeit. Binnen weniger Monate wird der aufgefettete Gehaltszettel als Normalität gewertet, der durch ausgeweitete Lebenskosten bald wieder zu knapp erscheint.

Gleiches gilt für Prämienzahlungen: Nach dem ersten Überschwang stellt sich beim Mitarbeiter die Erwartung ein, ähnliches wieder zu bekommen. Ist dies nicht der Fall, sinkt die Arbeitsbegeisterung beträchtlich. Geld-Zuwendungen besitzen daher eher den Charakter einer Kurzzeit-Motivation, die rasch verpufft. Wer seine Mitarbeiter dauerhaft begeistern will, muss mit Werten wie Anerkennung, Toleranz und Vertrauen agieren. Außerdem gilt der Grundsatz: Nur wer selbst Begeisterung verströmt, darf dies auch von seiner Umgebung erwarten.

Arbeitszufriedenheit in Österreich 2020