Ordinationsverkauf: Gehen Sie nicht zu früh in den Ruhestand
Wer seine Ordination vor Pensionsantritt veräußern möchte, sollte die Praxis bis zum Schluss in Schuss halten. Abgetakelte Ordinationen haben heute keine Chance mehr, übernommen zu werden.
Ruhestand bedeutet Loslassen. Denn Ordinationsinhaberinnen und – inhaber lösen sich mit dem Pensionsantritt nicht nur von ihrem beruflichen Status, sondern sie verlieren auch ihr geregeltes unternehmerisches Einkommen. Daher nimmt die Ablöse für die Ordination bei vielen eine wichtige Position in den persönlichen Vorsorgeplänen ein. Allerdings versäumen es viele Praxisinhaber, die Ordination für eine Übernahme „herauszuputzen“. Im Gegenteil: Der nahende Ruhestand ist oft Grund, jegliche Investitionstätigkeit in die Praxis praktisch einzustellen. Viele Inhaber sind der Ansicht, dass es sich nicht mehr rentiere. Ein Fehlschluss, denn je besser eine Ordination in Schuss ist, umso höher gestaltet sich die Ablöse und umso mehr Interessenten melden sich für die Nachfolge an.
„Wir sind in einem Angebotsmarkt. Es ist aktuell deutlich schwieriger als noch vor einigen Jahren, einen zahlungskräftigen Kandidaten für die Ordinationsübernahme zu finden“, sagt der Wiener Steuerberater Wolfgang Leonhart. „Abgewutzelte Praxen“ hätten da kaum Chancen. Und: Die Kosten einer Sanierung werden durch Veräußerung und Ertrag wieder in die Kasse gespült. Denn eine modernisierte Ordination befeuert Umsatz- und Ertragskraft des Kleinunternehmens Ordination.
Das Ablösesyndrom
Ordinationsübergaben sind ein heikles Thema und sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Zudem darf in Österreich der Übergeber einer Kassenordination nur mit jenen Kandidaten verhandeln, die von Kasse und Kammer nach dem Punktesystem vorgeschlagen werden. Zudem bestimmen Nachfolgeordinationen in Form einer zeitlich beschränkten Gruppenpraxis zusehends die Branche.
Uninteressante Ordination werden keine Übernehmer finden. Ausstattung und Auftritt einer Praxis sind nach 15 bis 20 Jahren abgenutzt. Die Auswirkungen auf die Patientinnen und Patienten sind unmittelbar spürbar. Sie „suchen Signale der Modernität“, wie es die Ärzteberaterin Verena Flatischler (www.med4more.at) formuliert, denn auch für Ordinationen gelten Marketing-Regeln. Daher wird das Praxis-Ambiente gnadenlos auf die Kompetenz des Inhabers oder Inhaberin übertragen.
Gehobenen Anspruch befriedigen
Die Auffrischung einer in die Jahre gekommenen Praxis ist kein Gewaltakt. Verena Flatischler berichtet über eine von ihr begleiteten Ordination, die drei Jahre nach einem Change-Prozess die Investitionskosten durch deutlich gesteigerte Gewinne eingespielt hat. Außerdem habe sich die Zahl an selbstzahlenden Neupatienten stark erhöht. „Selbstzahler sind eine immer wichtiger werdende Kennziffer für die Attraktivität“, sagt Steuerberater Leonhart. Privatpatienten können demnach nur gewonnen werden, wenn neben einer hochstehenden Dienstleistung ein atmosphärisch gehobener Anspruch befriedigt wird.
© Nussiproductions/ Ärzte Woche
Stellschrauben
Es braucht nicht viele Hebel, um einer angegrauten Praxis Leben einzuhauchen. Beispiel: Weiß firmiert nicht mehr als die universelle Farbe von Gesundheitseinrichtungen. Die Farbe der Reinheit (und der Hygiene) kommt erst in den Funktionsräumen (Ärztezimmer, Behandlungsraum etc…) zum Tragen. In Rezeption und Warteraum – hier verbringen Patienten die längste Zeit ihres Besuches – beschert ein neuer Anstrich bei ausgeklügelter Farbgebung einen deutlichen Modernitätsschub, und dies bei überschaubarem Aufwand. Ein spürbarer Effekt wird auch durch Neuerungen in der Lichtgestaltung erzielt. Der Einsatz von modernen LED-Kompositionen sollte nicht durch die Nähe einer Steckdose bestimmt werden. Eine gut gestaltete Beleuchtung berücksichtigt unterschiedliche Raumzonen und erfüllt je nach Anforderungsprofil mehrere Aufgaben. Eine professionelle Lichtberatung ist ihr Geld wert.
Außenauftritt
Ein aufgefrischtes Corporate Design sorgt dafür, dass der frische Wind nach außen spürbar wird. Das Leitbild, die überarbeitete Ausrichtung und Praxisstrategie werden in einem neuen Logo und Außenauftritt sichtbar. Eine klare visuelle Linie unterstreicht das neue Image der Praxis, das außerdem in Drucksorten (Visitenkarten, Briefpapier, Kuverts, Schild, Beschriftung) umgesetzt werden sollte. Auch wenn ein aufgefrischtes Design einem Nachfolger nichts helfen wird – die Ordination wird attraktiver.
Teamfragen
Der neue Schub muss auch im Mitarbeiterteam gelebt werden. Patientenbetreuung und Servicegedanke verlangen frische Motivation. Kurze Schulungen außer Haus sorgen dafür, dass die Neuerungen auch als solche erlebt und umgesetzt werden. Die Motivation der Mitarbeiter erfährt neue Impulse, die sich rasch im positiven Feedback der Patienten widerspiegeln wird.
Autor: Mag. Josef Ruhaltinger
Letzte Aktualisierung: 02.02.2021