WARUM LEIDE ICH UNTER NEURODERMITIS?
Eine eindeutige Ursache der Neurodermitis ist nur sehr schwer feststellbar, meist liegt der Ursprung in der Kombination aus mehreren Faktoren. Eine wichtige Ursache, neben den Triggerfaktoren (siehe Abschnitt „Was ist Neurodermitis“), ist zweifelsfrei die erbliche Veranlagung.1
Wenn einer oder beide Elternteile bzw. einzelne oder mehrere Geschwister an Neurodermitis erkrankt sind, steigt die Wahrscheinlichkeit selbst auch daran zu erkranken um ein Vielfaches. Obwohl einige genetische Faktoren bereits identifiziert sind, die bei Patienten mit Neurodermitis gehäuft auftreten, ist die beobachtete Vererbbarkeit noch nicht ganz geklärt.2
Bei vielen Neurodermitis-Patienten liegt ein vererbter Mangel des Eiweißes Filaggrin in der obersten Hautschicht vor. Dadurch kann dieses Eiweiß nicht mehr seiner Aufgabe nachkommen, unsere Haut vor Austrocknung und Eindringen vor Krankheitserregern zu schützen. Die Haut wird trocken und geschwächt. Jedoch ist dieser Mangel nicht bei allen Patienten vorhanden und führt auch nicht unbedingt zu einer Erkrankung.2
Außerdem stehen einige Gene, welche die angeborene und erworbene Immunreaktion beeinflussen, in Zusammenhang mit Neurodermitis. Veränderungen in diesen Genen führen zu einer Überreaktion des Immunsystems auf Reize, die eigentlich keine Gefahr für den Körper darstellen. Es entsteht eine Entzündung.
Einige dieser Genveränderungen kann man auch bei anderen atopischen Krankheiten (also Erkrankungen, bei denen das Immunsystem auf eigentlich harmlose Stoffe reagiert), wie zum Beispiel Heuschnupfen oder Asthma, finden. Daher ist es nicht überraschend, dass solche Krankheiten auch oft gemeinsam auftreten.2
Fehlgeleitetes Immunsystem
Die Aufgabe unseres Immunsystems ist die Abwehr von Krankheitserregern und Fremdstoffen. Man kann dabei grob zwischen zwei Systemen unterscheiden:
Das angeborene Immunsystem, welches rasch und unspezifisch auf typische Gefahren reagiert, sowie das adaptive oder erworbene Immunsystem, welches neue „Feinde“ erkennt und diese dann ganz gezielt bekämpft.
Die Entzündung ist eine ganz typische Immunabwehrreaktion, bei der verschiedene Immunzellen und ihre Botenstoffe eine große Rolle spielen.
Wenn die körpereigene Abwehr der Haut nun verändert ist und daher Botenstoffe wie z.B. Interleukin 4 oder Interleukin 13 verstärkt produziert werden, wird grundlos eine Entzündung ausgelöst und aufrechterhalten. Nun können sowohl die angesprochenen Triggerfaktoren (siehe Abschnitt „Was ist Neurodermitis?“), als auch auf der Haut lebende Bakterien diese Entzündungsreaktion verstärken. Wir sprechen von einer Neurodermitis.3
Der Juckreiz als selbsterhaltendes System
Die Ekzeme der Neurodermitis gehen meist mit einem starken Juckreiz einher. Durch Kratzen kann dieser Reiz einen Moment gelindert werden, führt aber bei der trockenen, wenig widerstandsfähigen Haut zu kleinen Verletzungen. Durch diese Verletzungen in der Hautbarriere können weitere reizende Stoffe in die Haut eindringen. Weitere Botenstoffe werden freigesetzt, die die Entzündung verstärken. Somit lässt auch der Juckreiz nicht nach und der Patient neigt wieder dazu sich zu kratzen.4
Letzte Aktualisierung: 20.07.2020
REFERENZEN
1 S2k-Leitlinie Neurodermitis (Langfassung). AWMF-Registernummer: 013-027, Stand: 03/2015, https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-027l_S2k_Neurodermitis_2020-06.pdf; letzter Download 16.07.2020
2 Rodriguez E, Weidinger S. Genetik des Atopischen Ekzems. Hautarzt 2015; 66: 84-89
3 Biedermann T, Werfel T. Status quo und perspektiven der systemischen Therapie der atopischen Dermatitis. Hautarzt 2015; 66: 108-113.
4 Plewig G, Landthaler M, Burgdorf WHC et al (Hrsg). Braun-Falcos Dermatologie, Venerologie und Allergologie. 6. Aufl. Springer Verlag Berlin, Heidelberg 2012, Band 1